Die Ambivalenzen von TikTok
Mai 27, 2021 @ 22:39

TikTok ist groß und wird mehrheitlich von Erwachsenen genutzt – auch wenn immer wieder zu lesen ist, es sei das soziale Netzwerk der Jugendlichen. Es funktioniert in kultureller Hinsicht anders als andere Medien. Was macht dieses „Anders“ genau aus? Darüber möchten wir in den Austausch kommen! 

Wir, das sind Nele (Hirsch) und Jöran (Muuß-Merholz), starten den Austausch mit einem Podcast, den man sich hier oder auf edukativ.fm anhören kann. 

PS: Es gibt große und berechtigte Bedenken zu Datenschutz, Jugendschutz, Überwachung, Manipulation, Ausgrenzung etc., was TikTok angeht. Wir halten es für gerechtfertigt, dass darüber diskutiert wird, aber nicht, dass *nur* darüber diskutiert wird. Wie im Podcast dargestellt, sehen wir bei TikTok noch zahlreiche weitere Mechanismen, die in den nächsten Jahren prägend für unsere Kommunikation werden können. Gerade auch wer diese Entwicklung so nicht möchte und gesellschaftliche Gefahren sieht, muss sie im ersten Schritt verstehen – um dann auch verändernd eingreifen zu können. Deswegen erhoffen wir uns von dieser Session einen Schwerpunkt jenseits der genannten Punkte. 

Unsere Vorschläge zum Austausch in dieser Session:

Wir wollen zum Austausch die Kommentarfunktion unter diesem Beitrag nutzen. Unsere beiden Leitfragen an Euch sind:

  1. Erzähle uns von Deinem TikTok – nicht nur in dem Du den Link zu Deinem Account teilst, sondern vor allem, erzählst, was Du dort machst und erlebst.
  2. Wir haben im Podcast die für uns offensichtlichsten Ambivalenzen bei TikTok dargestellt. Was sind für Dich die wesentlichen Ambivalenzen?

Wir freuen uns auf den asynchronen Austausch – und auf viele weitere TikTok Einblicke.

9 Antworten
    • Leider ist Tik tok zwar eine App mit technisch unglaublich ausgereifter Technik, aber spioniert eben die Daten der User aus. China ist ausserordentlich weit im Ausschöpfen aller digitalen Möglichkeiten und praktiziert das auch. Allein deshalb lade ich mir diese App nicht auf meine Geräte.

  1. Hat hier jemand Clay Shirkys Buch „Cognitive Surplus. Creativity and Generosity in a Connected Age“ von 2010 gelesen? Ich denke gerade, ob man TikTok als bisher deutlichste „Umsetzung“ von Shirkys Überlegungen interpretieren könnte. Insbesondere finde ich spannend: Shirkys interpretiert die Massenmedien-Kultur als eine historische Ausnahme. Die längste Zeit hat die Menschheit sich quasi „Peer to peer“ gegenseitig unterhalten. Und das macht TikTok auch stark, in meiner Wahrnehmung stärker als YouTube oder Insta.
    https://en.wikipedia.org/wiki/Cognitive_Surplus

  2. Ich selbst nutze TikTok seit etwa einem halben Jahr fast täglich, aber als stille Zuschauerin. Ich finde, dass ich viele neue Themen und Perspektiven kennengelernt habe. Zusätzlich habe ich das Gefühl, dass man sich durch einige Videos gestärkt fühlen kann, denn man findet jene mit ähnlichen Perspektiven/Problemen/… und denkt sich, dass man nicht alleine ist. Dies finde ich vor allem bei Jugendlichen einen wichtigen Ansatz, um zu sehen, dass auch andere mit einem Problem kämpfen und dass man beispielsweise man nicht wie ein Model aussehen muss, sondern die Realität gezeigt wird. Weiters kann man eine große Menge an neuen Inspirationen finden, beispielsweise Rezepte, DIYs oder Ausflugsideen. So finde ich, dass TikTok sehr viele Potentiale hat, die gesehen werden müssen und genutzt werden sollten.

    Einen kritischen Punkt sehe ich indem, dass sehr viele Kinder auf der Plattform sind. Durch eigene Erfahrungen und Gespräche mit Bekannten/Kollegen*innen habe ich mitbekommen, dass viele sehr junge Kinder die Plattform nutzen und hier nicht nur zuschauen, sondern auch aktiv teilnehmen. Wie im Podcast schon angesprochen gibt es viele Inhalte, die nicht angemessen für eine junge Zielgruppe sind (gibt es natürlich auch auf anderen Plattformen, doch finde ich es auf TikTok stärker als auf bsp.: Instagram,…). Doch sehe ich es auch kritisch, dass sich viele junge Kinder selbst auf der Plattform präsentieren oder präsentiert werden. TikTok bietet eine tolle Möglichkeit sich kreativ mit Medien auseinanderzusetzen, doch muss kritisch überlegt werden, was auf die Plattform gestellt wird und ob es nicht lieber privat oder unter Freunden bleiben sollte.

  3. TikTok bietet ein tolles Potential, um Video-Kreativität auszuleben. Durch die Zeitbegenzung müssen Ideen eingegrenzt werden. Leider, leider ist es eben, wie schon viele Kritiker*innen angemerkt haben, ein chinesisches Tool. Und solche Nachrichten (https://www.heise.de/news/USA-TikTok-will-biometrische-Daten-inklusive-Stimmenausdruecke-sammeln-6063059.html) sorgen bei mir eher für Unmut.
    Leider erfahre ich in meiner Arbeit mit SuS von dem Müll, der auf die jungen Gemüter einsprudelt. Z.B. 5.Klässlerinnen, denen Sodomie-Bilder zugeschickt werden aufgrund ihrer Videoveröffentlichungen auf TikTok. Schade, schade. So ein schönes Tool und Medium, welches von den Kranken schon wieder genutzt wird.
    Ich möchte so etwas DSGVO-konform haben auf einer deutschen oder zumindest europäischen Plattform. Oder noch besser auf einem eigenen Schul-Server. Ohne K.I., die bestimmte Beiträge hochspült und andere gezielt unterdrückt.

    • Ich verstehe Deinen Denkrichtung, Jens. Für mich ist es allerdings *gerade* die „K.I.“ von TikTok, die mir eine so gute TikTok-Auswahl bescherrt.

    • Ja, Jens, vielen Dank, dass wenigstens du auf meinen Einwand reagiert hast. Ich habe schon verstanden, dass das Interesse der Autoren dieses Threads sich hier auf die rein technischen Qualitäten dieser App bezieht und dass auf die politischen Implikationen nicht weiter eingegangen werden soll. Ich gebe ihnen (den Autoren) insofern Recht, als dass jeder weiss, dass es sowieso keinen Datenschutz mehr gibt – spätestens seit FB und den anderen sozialen Medien… Aber von da aus bis zu einer totalen Überwachungsgesellschaft alias ‚brave new world‘ wie in chinesischen Städten – auf dem Land wird es wohl noch nicht so weit sein – fehlt nur noch ein weiterer kleiner Schritt, den ich persönlich nicht gehen möchte. So technisch interessant wie diese Apps sein mögen, so gefährlich sind sie eben auch (besonders für Kinder und Jugendliche, die von Natur aus wißbegierig sind) und jeder sollte sich überlegen, ob er sich sowas auf seine Geräte lädt, auch wenn manche gerade aufgrund ihrer hinterlassenen Spuren bei der K.I . ‚eine gute Auswahl‘ an weiteren interessanten Videos angeboten bekommen.

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