Home › Foren › Archiv: Fragen und Themen der Gruppen › Rückmeldeformate › Was soll/kann/muss/darf eine Benotung/Bewertung bekommen? › Antwort auf: Was soll/kann/muss/darf eine Benotung/Bewertung bekommen?
Ich stelle mir einen bewertenden Algorithmus folgendermaßen vor:
Er sollte auf Basis von Qualitätskriterien (die auch den SuS bekannt sein müssen) eine Bewertung verschiedener Leistungen (z. B. Textanalysen, Matheaufgaben etc.) vornehmen. (Somit sollte er sich bis hier hin noch nicht großartig von einer Lehrkraft unterscheiden ? )
Eine (selbstlernende) KI könnte mithilfe dieser Kriterien verschiedene Lernprodukte bewerten. Aufgrund des Fehlens von Sozialkompetenz, ist es dem Algorithmus möglich, wesentlich objektiver eine Bewertung vorzunehmen, als es ein Mensch kann – sorgen doch bei Menschen kognitive Verzerrungen (Bias) dazu, dass auch für die Bewertung eines Lernprodukts unnötige Variablen wie beispielswese Sympathie unbewusst in die Bewertung einfließen. Wichtig bliebe, dass der Algorithmus möglichst gut offenlegen kann, woran erkennt worden ist, ob. bzw. inwieweit einzelne Kriterien erfüllt wurden.
Außerdem wäre es unter Umständen möglich, dass der vorherige Kompetenzstand der SuS bei der Bewertung durch den Algorithmus zum Tragen kommt. So kann neben der Qualität des Lernproduktes auch der Lernzuwachs der Lernenden in die Bewertung einfließen. Dies ließe sich entweder durch einen Prätest oder anhand der Bewertung vorheriger Lernprodukte messen.
Bei einem algorithmisierten Bewertung sähe ich den Vorteil, dass die Lehrkräfte aus ihrer Doppelrolle als „Lehrende“ aber auch „Bewertende“ herauskommen können und ihre Rolle als „Lehrende“ stärken können.
Meiner Ansicht nach kann es große Vorteile mit sich bringen, wenn SuS ihre Lehrpersonen stärker als Coaches wahrnehmen können, deren Aufgabe es ist, dass sie besser werden, dass sie mehr wissen, dass sie erfolgreicher sind. Außerdem könnten die Lehrkräfte sich so besser auf die Entwicklung persönlicher und sozialer Kompetenzen konzentrieren, die weniger durch einen Algorithmus bewertet werden können.
Dadurch, dass Lehrkräfte aber auch gleichzeitig bewerten, hemmt dies meiner Erfahrung nach gerade schwächere SuS. Sie wollen ihr „Unwissen“ nicht offenbaren, da sie so riskieren, dass der „Bewertende“ dies negativ auffasst. Man möchte sich vielmehr so positiv wie möglich darstellen, um eine bessere Bewertung zu erfahren. So wird jedoch verhindert, dass die SuS sich ihrer Wissenslücken bewusstwerden und mit Hilfe der Lehrenden daran arbeiten können, diese zu schließen.
Wenn Leistungen nun durch einen Alorithmus quasi extern bewertet bzw. quantifiziert werden, stellt sich nun gleichzeitig das Problem des „Teaching for the Test“ bzw. „Teaching for the Algorith“ ein.
Wie ein solcher Algorithmus genau aussehen kann bzw. ob ein solcher Algorithmus überhaupt möglich ist, kann von mir als Lehrkraft nicht beantwortet werden. Falls dies jedoch möglich ist, muss geklärt werden, wie dessen Bewertung in das Verhältnis zu Bewertungen durch reale Personen gesetzt werden kann – z.B. zu Bewertungen durch die Lehrkräfte oder auch Selbstbewertungen / -evaluationen durch die SuS.